"Meinem Führer." Deutsche Handschrift auf Papier. Dat. Bremen
1935. Fol. (33,8 x 24,9 cm). Mit 3 Kreidezeichnungen unter eingeb. Passepartouts. 10 Bl. Kalligraphiert in roter und schwarzer Tinte. Brosch. d. Zt. mit kalligraphiertem Deckeltitel (Randläsuren, berieben, leichte Knickspuren). (159) Höchst interessantes Zeugnis eines bezeichnenden politischen Werdegangs, der nicht einmal selten vorgekommen ist: der Bekenntniswechsel eines Kommunisten zum Nationalsozialisten mit dem Eintritt in die SA. Ein solcher Wechsel zwischen den Gegenpolen des sozialistischen Spektrums geschah nicht immer nur aus Opportunismus, waren doch manche Kommunisten und Sozialisten in der späten Weimarer Republik durchaus national oder patriotisch eingestellt und konnten sich von daher auch mit dem Nationalsozialismus arrangieren oder gar identifizieren. War dieser Schritt einmal vollzogen, wollte man sich natürlich als überzeugter Verfechter seiner neuen Haltung präsentieren und davon Zeugnis ablegen, am besten gleich mit einer Widmung an den "Führer" persönlich. So zumindest im Fall der vorliegenden Handschrift, einer Lobhudelei auf Hitler und seine Taten, gestaltet in druckgleicher Kalligraphie und ästhetisch ansprechender, professionell ausgeführter buchkünstlerischer Gestaltung. Der Verfasser, Schreiber und Illustrator des vorliegenden Manuskripts war Rudolf Martin Argus (1888-1969), ein Lehrer aus Bremen, der von 1921-27 Abgeordneter der KPD in der Bremischen Bürgerschaft gewesen ist. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten trat Argus 1933 in die SA ein.Die Texte in Gedichtform verherrlichen Hitler unter anderem als Retter des Saarlands ("Du brachtest uns das Vaterland", datiert 1935) oder besingen das "Braune Haus" in München (1931), die "Hitler-Jugend" und natürlich die SA ("Heimatlied der SA, Gruppe 'Nordsee'", und "Gelöbnis", Bremen 1934: "Wir braunen Soldaten sind Adolf Hitlers Heer"); weitere Gedichte haben Runen, Sonnwendfeuer und den Wendelstein (Feilnbach 1931) zum Thema. Die künstlerisch eher bescheidenen Zeichnungen zeigen einen Blick über die Weser nach Verden, einen Bauernhof in Niedersachsen und den Gedenkstein im Huckelrieder Park in Bremen, errichtet 1934 für den 1931 von Kommunisten getöteten Johann Gossel, einen der "Märtyrer" der nationalsozialistischen Bewegung. Diese Darstellung am Ende der Handschrift mit einer Gossel preisenden Gedichtstrophe ist sehr bezeichnend, war Gossel doch von den ehemaligen Parteifreunden von Argus schwer verletzt worden, nachdem er am 14. Juni 1931 in Huckelriede zusammen mit einigen Gesinnungsgenossen die Teilnehmer eines Sportfestes der KPD provoziert hatte. Es liegt nahe, diesen Text im Blick auf die Biographie zu sehen und so zu deuten, daß sich Argus mit ihm von seiner eigenen Vergangenheit distanziert und zu befreien versucht hat. Im Kolophon nennt sich Argus als Urheber von Text, Kalligraphie und Illustration auch mit seiner Adresse: Bremen, Moselstr. 6.Auf dem Titel ein mit Tinte geschriebener französischer Vermerk: "Document récupéré dans les ruines de la Chancellerie Octobre 1945", wahrscheinlich von der Hand eines in Berlin stationierten französischen Militärs.
- Titel mit geringem Etikettrest am unteren Rand und etw. fleckig, sonst nur gelegentlich ein wenig fleckig.Very interesting testimony of a characteristic political career that did not occur infrequently: the change of a communist to National Socia