Franz West (1947 – Wien – 2012)
Ohne Titel. 1990
Papiermaché, Farbe, Haushaltshandschuh, Künstlersockel aus Holz mit Gipsoberfläche. 131 × 66 × 47 cm ( 51 ⅝ × 26 × 18 ½ in.).
Das Werk ist dem Archiv der Franz West Privatstiftung bekannt.–
[3248]
Provenienz: Privatsammlung Österreich (1990 in der Galerie Peter Pakesch, Wien, erworben) / Arndt & Partner, Berlin / Privatsammlung, Deutschland
Ausstellung: Franz West. Wien, Galerie Peter Pakesch, 1990
Die zentralen Themen im Werk von Franz West (1947–2012) sind Kommunikation und soziale Interaktion. Sind seine frühen „Passstücke“ noch für den Gebrauch gemacht, so sind die ab etwa 1985 entstehenden Papiermaché-Skulpturen eigenständige, zur Betrachtung gedachte bildhauerische Arbeiten. Der Künstlersockel aus mit Gipsgewebe umwickeltem Holz kreiert eine Atmosphäre und einen Kontext für das Werk und unterstreicht die skulpturale Autonomie. Dennoch möchte man als Betrachter dieses Objekt geradewegs anfassen, es benützen, sich mit der ungewöhnlichen Oberfläche vertraut machen. Der lapidar über die Skulptur gelegte Handschuh des Künstlers scheint uns geradewegs dazu einladen zu wollen, indem er die Gemachtheit des Werkes zusätzlich betont. Franz West gelingt es in diesen „legitimen Skulpturen“, wie er selbst sie nennt, manuelle Energie – Handlungsenergie – ins Bild zu setzen und visuelle Assoziationsketten anzustoßen. Für die abstrakte Form hat er alle Arten von Alltagsgegenständen wie Schaumgummi, Telefonbuchseiten, Farbdosen und anderes „Gerümpel“ benutzt, um ein „Volumen zusammenzubekommen“ (Franz West). Das verwendete Papiermaché lässt sich fast beliebig formen und folgt den Gesten der Künstlerhand, durch das Anformen neuer Elemente, durch Drücken, Feilen, aber auch durch die Bemalung wird die ursprüngliche Form komplettiert. Unser Werk strahlt eine humorvolle Gelassenheit und Nonchalance aus – eine Art „bildhauerischen Wiener Schmäh“. Die Skulptur changiert zwischen der Schönheit des Zerfalls einerseits und anderseits der Garstigkeit der materiellen Profanität und formalen Unbestimmbarkeit. Die abstrakte Form, die lebendig-spröde Oberfläche und die fragile Statik scheinen sich nicht zuletzt aus einer dem Künstler eigenen Wiener Affektivität zu ergeben. Wests Skulpturen sind vor allem „Befindlichkeitshersteller“, die, ohne eine bestimmte Richtung vorzugeben, durch die assoziative und sprachliche Entäußerung vor dem Werk, immer neue Lesarten und Empfindungen gestatten. So können unsere Gedanken in kunstgeschichtliche Dimensionen abschweifen und diese Skulptur als Antithese zur rationalen, oberflächlich-makellosen minimalistischen Skulptur begreifen. Alternativ könnte man auch über die Imperfektion und Eigentümlichkeit von Form und Materialität sinnieren oder ihre metaphorische Ungenauigkeit und die Herausforderungen an die Wahrnehmung in den Vordergrund stellen. Es gibt unzählige andere Interpretationsansätze, und genau das macht die Skulptur zu einem außergewöhnlichen Beispiel des bildhauerischen Schaffens jener Jahre, in denen West seinen internationalen Durchbruch feiern konnte.
Christian Ganzenberg
Wir danken Frau Andrea Überwacher-Kloiber, Franz West Privatstiftung Wien, sowie Frau Dr. Eva Badura-Triska, Archiv Franz West, Wien, für freundliche Hinweise.
Franz West (1947 – Vienna – 2012)
Untitled. 1990
Papier-mâché, paint, household gloves, base made by the artist with wood and a plaster surface. 131 × 66 × 47 cm ( 51 ⅝ × 26 × 18 ½ in.).
The archive of the Franz West Foundation is acquainted with the work.–
[3248]
Provenienz: Private collection Austria (acquired in 1990 at Galerie Peter Pakesch, Vienna) / Arndt & Partner, Berlin / Private Collection, Germany
Ausstellung: Franz West. Wien, Galerie Peter Pakesch, 1990
We would like to thank Frau Andrea Überwacher-Kloiber, Franz West Privatstiftung Vienna, as well as Frau Dr. Eva Badura-Triska, Franz West Archive, Vienna, for kindly providing additional information.
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