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Los
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1770 Rom - 1837 Paris, zugeschrieben
Studie zum Bildnis einer jungen Dame
Dreiviertelfigur, nach links sitzend. Die linke Hand an das Gesicht geführt. Graphit auf Papier. 27,2 x 21 cm. Aufgezogen. Rest.
Das Motiv der informell, lässig sitzenden Dame, halb liegend und nur den Oberkörper aufrecht haltend, zieht sich als Topos durch die Kunst um 1800. Darstellungen wie Antonio Canovas Marmorskulptur der Paolina Bonaparte als "Venus Victrix" (1808), bis in unsere Zeit von ungebrochener Berühmtheit, oder Jacques-Louis Davids "Madame Recamier" (1800) sollen hier stellvertretend genannt werden. Nichts ist mehr zu spüren von steifer Selbstinszenierung oder süffig-erotischer Ausstrahlung der Porträts der vorhergehenden Zeit. Die Künstler um 1800 nehmen uns mit in das privat(est)e Umfeld der Damen, in ihrem Salon sitzend und in Gedanken verloren. Ein auch künstlerischer Rückzug in die Privatheit, weg vom Alltag einer politisch unruhigen Zeit voller gesellschaftlicher Umwälzungen. Selbst Joséphine de Beauharnais, Napoleons schöne und heiß geliebte Frau, spätere Kaiserin der Franzosen, ließ sich von François Baron Gérard im Jahr 1801 in solcher Position auf ihrem Diwan porträtieren. Im zarten, fließenden Empirekleid sitzt sie, mit ausgestreckten, grazil übereinandergeschlagenen Füßen auf einem dicken und weichen Polster, den rechten Arm lässig auf dem Rückenkissen ruhend. Aufmerksam blickt sie uns an, voller Würde und dennoch dem Betrachter Einlass in ihr Privatleben gewährend. In ähnlicher Situation ist auch die (noch) unbekannte junge Dame auf unserer Zeichnung wiedergegeben. Gleich zwei voluminöse Kissen stützen ihren linken Ellbogen, sanft ruht der rechte Arm dem Polster. Die angeschnittenen Beine wohl in ähnlicher Haltung wie Joséphine gelagert, blickt sie sinnend am Betrachter vorbei - gedankenverloren. Die vorliegende Zeichnung ist aus stilistischen Gründen demselben Künstler zuzuschreiben, der auch Joséphine de Beauharnais so unverwechselbar auf Leinwand festgehalten hat: François Baron Gérard. Dieser war ab 1786 Student bei und bald Lieblingsschüler von Jacques-Louis David. Ab 1793 arbeitete er als ausführender Maler im Atelier Davids. Bald sollte sich Gérards ungewöhnliches Talent als Porträtmaler zeigen, selbst gegenüber den Porträts seines Lehrers konnte sich der Künstler mit seiner Modernität und Qualität sehr bald durchsetzen. Mehrere Aufträge, die er im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts von Napoleon und seiner Familie erhielt, brachten die entscheidende Wende in der Karriere Gérards. Es entstanden seine besten und berühmtesten Arbeiten, bekrönt vom als ikonisch zu bezeichnenden Porträt "Napoléon en habit impérial" (Napoleon im Krönungsornat), von dem heute nahezu 20 Fassungen bekannt sind. Von nun ab erreichten den Künstler unablässig Aufträge aus Frankreich und auch dem Ausland. Auch Napoleons Gunst war über die Maßen ausgeprägt, bereits 1803 wurde Gérard zum Ritter der Légion d'honneur ernannt, er wurde zudem Premier peintre Joséphines. Auch die vorliegende Zeichnung sollte in dieser, den Ruhm François Gérards begründenden Zeit entstanden sein. Wir danken Jean-Marie Le Fell, Paris, der auf Basis einer Fotografie eine Zuschreibung der Zeichnung an Gérard unterstützt.
Provenienz: Privatsammlung Frankreich. - Privatsammlung Berlin.
François (François-Pascal-Simon) Baron Gérard
1770 Rome - 1837 Paris, ascribed
"Study for a portrait of a young lady"
Three-quarter figure, sitting to the left. The left hand is held to the face. Graphite on paper. 27,2 x 21 cm. Mounted. Rest.
The motif of the informal, casually seated lady, half reclining and holding only the upper part of her body upright, runs as a topos through art around 1800. Representations such as Antonio Canova's marble sculpture of Paolina Bonaparte as "Venus Victrix" (1808), of unbroken fame up to our time, or Jacques-Louis David's "Madame Recamier" (1800) should be mentioned here as representative. There is no longer any sign of the stiff self-dramatisation or smugly erotic charisma of the portraits of the preceding period. The artists of the 1800s take us into the private (est) environment of the ladies, sitting in their salon and lost in thought. An artistic retreat into privacy, away from the everyday life of a politically turbulent time full of social upheaval. Even Joséphine de Beauharnais, Napoleon's beautiful and much-loved wife, later Empress of the French, had herself portrayed in such a position on her divan by François Baron Gérard in 1801. In a delicate, flowing Empire dress, she sits with her feet stretched out and gracefully crossed on a thick and soft cushion, her right arm resting casually on the back cushion. She looks at us attentively, full of dignity and yet allowing the viewer into her private life. The (still) unknown young lady in our drawing is depicted in a similar situation. Two voluminous cushions support her left elbow, her right arm rests gently on the cushion. With her legs cut, probably in a similar position to Joséphine's, she gazes pensively past the viewer - lost in thought. For stylistic reasons, this drawing can be attributed to the same artist who so unmistakably captured Joséphine de Beauharnais on canvas: François Baron Gérard. The latter was a student of Jacques-Louis David from 1786 and soon became his favourite pupil. From 1793, he worked as an executive painter in David's studio. Gérard's unusual talent as a portrait painter was soon to become apparent; even in comparison with the portraits of his teacher, the artist was soon able to assert himself with his modernity and quality. Several commissions he received from Napoleon and his family in the first decade of the 19th century brought about the decisive turning point in Gérard's career. He produced his best and most famous works, crowned by the iconic portrait Napoléon en habit impérial (Napoleon in Coronation Regalia), of which almost 20 versions are known today. From then on, the artist received a steady stream of commissions from France and abroad. Napoleon's favour was also beyond measure; as early as 1803 Gérard was made a knight of the Légion d'honneur, and he also became Premier peintre Joséphines. The present drawing was also made during this period, which established François Gérard's fame. We are grateful to Jean-Marie Le Fell, Paris, who supports an attribution of the drawing to Gérard on the basis of a photograph.
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1770 Rom - 1837 Paris, zugeschrieben
Studie zum Bildnis einer jungen Dame
Dreiviertelfigur, nach links sitzend. Die linke Hand an das Gesicht geführt. Graphit auf Papier. 27,2 x 21 cm. Aufgezogen. Rest.
Das Motiv der informell, lässig sitzenden Dame, halb liegend und nur den Oberkörper aufrecht haltend, zieht sich als Topos durch die Kunst um 1800. Darstellungen wie Antonio Canovas Marmorskulptur der Paolina Bonaparte als "Venus Victrix" (1808), bis in unsere Zeit von ungebrochener Berühmtheit, oder Jacques-Louis Davids "Madame Recamier" (1800) sollen hier stellvertretend genannt werden. Nichts ist mehr zu spüren von steifer Selbstinszenierung oder süffig-erotischer Ausstrahlung der Porträts der vorhergehenden Zeit. Die Künstler um 1800 nehmen uns mit in das privat(est)e Umfeld der Damen, in ihrem Salon sitzend und in Gedanken verloren. Ein auch künstlerischer Rückzug in die Privatheit, weg vom Alltag einer politisch unruhigen Zeit voller gesellschaftlicher Umwälzungen. Selbst Joséphine de Beauharnais, Napoleons schöne und heiß geliebte Frau, spätere Kaiserin der Franzosen, ließ sich von François Baron Gérard im Jahr 1801 in solcher Position auf ihrem Diwan porträtieren. Im zarten, fließenden Empirekleid sitzt sie, mit ausgestreckten, grazil übereinandergeschlagenen Füßen auf einem dicken und weichen Polster, den rechten Arm lässig auf dem Rückenkissen ruhend. Aufmerksam blickt sie uns an, voller Würde und dennoch dem Betrachter Einlass in ihr Privatleben gewährend. In ähnlicher Situation ist auch die (noch) unbekannte junge Dame auf unserer Zeichnung wiedergegeben. Gleich zwei voluminöse Kissen stützen ihren linken Ellbogen, sanft ruht der rechte Arm dem Polster. Die angeschnittenen Beine wohl in ähnlicher Haltung wie Joséphine gelagert, blickt sie sinnend am Betrachter vorbei - gedankenverloren. Die vorliegende Zeichnung ist aus stilistischen Gründen demselben Künstler zuzuschreiben, der auch Joséphine de Beauharnais so unverwechselbar auf Leinwand festgehalten hat: François Baron Gérard. Dieser war ab 1786 Student bei und bald Lieblingsschüler von Jacques-Louis David. Ab 1793 arbeitete er als ausführender Maler im Atelier Davids. Bald sollte sich Gérards ungewöhnliches Talent als Porträtmaler zeigen, selbst gegenüber den Porträts seines Lehrers konnte sich der Künstler mit seiner Modernität und Qualität sehr bald durchsetzen. Mehrere Aufträge, die er im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts von Napoleon und seiner Familie erhielt, brachten die entscheidende Wende in der Karriere Gérards. Es entstanden seine besten und berühmtesten Arbeiten, bekrönt vom als ikonisch zu bezeichnenden Porträt "Napoléon en habit impérial" (Napoleon im Krönungsornat), von dem heute nahezu 20 Fassungen bekannt sind. Von nun ab erreichten den Künstler unablässig Aufträge aus Frankreich und auch dem Ausland. Auch Napoleons Gunst war über die Maßen ausgeprägt, bereits 1803 wurde Gérard zum Ritter der Légion d'honneur ernannt, er wurde zudem Premier peintre Joséphines. Auch die vorliegende Zeichnung sollte in dieser, den Ruhm François Gérards begründenden Zeit entstanden sein. Wir danken Jean-Marie Le Fell, Paris, der auf Basis einer Fotografie eine Zuschreibung der Zeichnung an Gérard unterstützt.
Provenienz: Privatsammlung Frankreich. - Privatsammlung Berlin.
François (François-Pascal-Simon) Baron Gérard
1770 Rome - 1837 Paris, ascribed
"Study for a portrait of a young lady"
Three-quarter figure, sitting to the left. The left hand is held to the face. Graphite on paper. 27,2 x 21 cm. Mounted. Rest.
The motif of the informal, casually seated lady, half reclining and holding only the upper part of her body upright, runs as a topos through art around 1800. Representations such as Antonio Canova's marble sculpture of Paolina Bonaparte as "Venus Victrix" (1808), of unbroken fame up to our time, or Jacques-Louis David's "Madame Recamier" (1800) should be mentioned here as representative. There is no longer any sign of the stiff self-dramatisation or smugly erotic charisma of the portraits of the preceding period. The artists of the 1800s take us into the private (est) environment of the ladies, sitting in their salon and lost in thought. An artistic retreat into privacy, away from the everyday life of a politically turbulent time full of social upheaval. Even Joséphine de Beauharnais, Napoleon's beautiful and much-loved wife, later Empress of the French, had herself portrayed in such a position on her divan by François Baron Gérard in 1801. In a delicate, flowing Empire dress, she sits with her feet stretched out and gracefully crossed on a thick and soft cushion, her right arm resting casually on the back cushion. She looks at us attentively, full of dignity and yet allowing the viewer into her private life. The (still) unknown young lady in our drawing is depicted in a similar situation. Two voluminous cushions support her left elbow, her right arm rests gently on the cushion. With her legs cut, probably in a similar position to Joséphine's, she gazes pensively past the viewer - lost in thought. For stylistic reasons, this drawing can be attributed to the same artist who so unmistakably captured Joséphine de Beauharnais on canvas: François Baron Gérard. The latter was a student of Jacques-Louis David from 1786 and soon became his favourite pupil. From 1793, he worked as an executive painter in David's studio. Gérard's unusual talent as a portrait painter was soon to become apparent; even in comparison with the portraits of his teacher, the artist was soon able to assert himself with his modernity and quality. Several commissions he received from Napoleon and his family in the first decade of the 19th century brought about the decisive turning point in Gérard's career. He produced his best and most famous works, crowned by the iconic portrait Napoléon en habit impérial (Napoleon in Coronation Regalia), of which almost 20 versions are known today. From then on, the artist received a steady stream of commissions from France and abroad. Napoleon's favour was also beyond measure; as early as 1803 Gérard was made a knight of the Légion d'honneur, and he also became Premier peintre Joséphines. The present drawing was also made during this period, which established François Gérard's fame. We are grateful to Jean-Marie Le Fell, Paris, who supports an attribution of the drawing to Gérard on the basis of a photograph.
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