[Johann Wolfgang von Goethe]. Das Römische Carneval. Weimar und Gotha, Carl Wilhelm Ettinger 1789. Mit 20 kolorierten Kupfertafeln von G. M. Kraus nach J. G. Schütz und einer gestochenen Titelvignette von H. Lips. Brauner, marmorierter Kalblederband der Zeit mit reicher floraler Rückenvergoldung und vergoldeten dreifachen Deckelkantenfileten. Marmorierte Buntpapiervorsätze. In privater Schatulle.Sehr seltene erste Ausgabe. – Eins von etwa 300 Exemplaren auf Schweizer Papier, weitere zehn wurden auf großformatigem Bütten und vier auf Velin gedruckt (lt. Bestellung von Bertuch bei Unger), die Kupfer auf holländischem Bütten. – Gedruckt von Johann Friedrich Unger, gesetzt aus der Antiqua von Didot. – Goethe hatte sein Exemplar nach einer Anfrage des Geheimen Kabinetts-Archivarius Johann Christoph Gottsched im Auftrage des hessischen Kurfürsten diesem überlassen, weil dessen Exemplar während der Napoleonischen Besetzung aus der Schlossbibliothek Kassel-Wilhelmshöhe gestohlen worden war, und bemühte sich in den Folgejahren ohne Erfolg, wieder ein Exemplar für seine eigene Sammlung zu erwerben. – »Wir werden uns bemühen, die Freuden und den Taumel dieser Tage vor die Einbildungskraft unserer Leser zu bringen, wir hoffen durch Hülfe der beygefügten Kupfer unseren Endzweck leichter zu erreichen […]«, schreibt Goethe in der Einleitung des Buches. Dieses Bemühen verwundert um so mehr, als Goethe in seinen Aufzeichnungen zur »Italienischen Reise« notierte: »Das Karneval in Rom muß man gesehen haben, um den Wunsch völlig loszuwerden, es je wieder zu sehen.« Jedoch: »Wenn man einmal zum Künstler geboren ist und gar mancher Gegenstand der Kunstanschauung zusagt, so kam diese mir auch mitten unter dem Gewühl der Fastnachtstorheiten und Absurditäten zu Gunsten. Es war das zweite Mal, daß ich das Karneval sah, und es mußte mir bald auffallen, daß dieses Volksfest wie ein anderes wiederkehrendes Leben und Weben seinen entschiedenen Verlauf hatte. Dadurch ward ich nun mit dem Getümmel versöhnt, ich sah es an als ein anderes bedeutendes Naturerzeugnis und Nationalereignis [und] bat auch zugleich unsern Hausgenossen, Georg Schütz [1755-1813], die einzelnen Masken flüchtig zu zeichnen und zu kolorieren, welches er mit seiner gewohnten Gefälligkeit durchführte.« – Friedrich Justin Bertuch, Herausgeber des »Journal des Luxus und der Moden«, hatte von Goethe Zeichnungen und Beschreibungen von Masken und Kostümen erbeten und außerdem waren die Zeichnungen, von denen Goethe auch einige selbst anfertigte, ein willkommenes Reiseandenken für die Kinder der Frau von Stein. Nach den Originalvorlagen von Schütz wurden die von Georg Melchior Kraus in Weimar radierten Blätter unter dessen Anleitung durch Hilfskräfte des Verlages von Bertuch prachtvoll illuminiert. Goethe hatte das Werk sogleich nach seiner Rückkehr nach Weimar ausgearbeitet, während sein eigentlicher Reisebericht erst ein Vierteljahrhundert später redigiert und gedruckt wurde. – Außerordentlich schönes Exemplar. – Rarissimum der klassischen deutschen Literatur.26,2 : 21,3 cm. 69, [3] Seiten, 20 Kupfer. – Einband mit restaurierten Fehlstellen, die infolge des Marmorierens entstanden. Gelenke leicht brüchig. – Vorblatt mit Einklebungen und gestochenem Wappenexlibris. – Nur ganz vereinzelt unbedeutende Fleckchen.Goedeke IV/3, 470, III. – Hagen 193 D 1. – Kippenberg 363. – Lipperheide Sn 15 und 16. – Fünf Jahrhunderte Buchillustration S. 156